FAQ
Die rechtlichen Besonderheiten des Unternehmenskaufs in Frankreich
1. Letter of Intent (Absichtserklärung)
2. Due Diligence
3. Abschluss und Fertigstellung des Kaufs
II. Asset Deal und Share Deal: Die Besonderheiten im Vergleich zum deutschen Recht
1. Der "Fonds de Commerce" als eine Besonderheit des französischen Rechts
2. Share Deal
Der Eintritt in den französischen Markt kann – neben der Gründung einer einfachen Niederlassung – grundsätzlich durch die Gründung einer neuen Gesellschaft oder durch Erwerb einer operativen Gesellschaft erfolgen. Während dies im Hinblick auf die Transaktion komplexer ist, so liegt der Vorteil eines solchen Vorhabens selbstverständlich darin, dass von dem vorhandenen Know-how und den bereits bestehenden Strukturen einer am Markt etablierten Zielgesellschaft profitiert werden kann.
Wie in Deutschland finden Unternehmenskäufe in Frankreich in der Regel in drei Phasen statt:
1. die vorvertragliche Phase, gekennzeichnet durch den Letter of Intent, der zu Beginn der Verhandlungen abgeschlossen wird;
2. die "Due Diligence", um die Zielgesellschaft und die mit der Transaktion verbundenen potenziellen Risiken zu bewerten;
3. Verhandlungen und Abschluss des Abtretungsvertrags eventuell mit Abschluss einer Garantievereinbarung für Aktiva und/oder Passiva.
Viele Gesellschaftsübernahmen werden in Frankreich durch einen Aktien- oder Gesellschaftsanteilskaufs („share deal“) durchgeführt. Falls der Erwerb der Zielgesellschaft in ihrer Gesamtheit rechtliche und/oder finanzielle Risiken birgt, der Käufer nur an einem bestimmten Teilbetrieb der Zielgesellschaft interessiert ist oder diese nicht als Gesellschaft existiert, kann ein Unternehmen aber auch im Wege eines „asset deal“ durch Erwerb seiner Aktiva übernommen werden. In diesem Fall greift in der Regel das Rechtskonzept des Geschäftsbetriebs im Sinne des französischen Rechts („Fonds de Commerce“), das strengere Voraussetzungen als in Deutschland an die Durchführung des Erwerbs knüpft.
1. Der Letter of Intent (Absichtserklärung)
Wie in Deutschland werden die Parteien am Anfang des Deals in der Regel eine Vereinbarung abschließen, die die jeweilige Absicht der Parteien niederlegt und im Zuge erster Verhandlungen bereits die Eckpunkte des Verkaufs festlegt. Sie kann verschiedene Bezeichnungen tragen: letter of intent (oder LOI), term-sheet, heads of terms, memorandum of understanding usw.
Ein vertraglicher Rahmen für die Verhandlungen ist nicht zwingend erforderlich, erleichtert aber
- die Auswahl der Bieter,
- die Begrenzung der Verhandlungsdauer,
- die Einhaltung eines vorab festgelegten Zeitplans für die Verhandlungen und den Abschluss des Deals,
- die Beschränkung der Verbreitung von Informationen über die Zielgesellschaft (Vertraulichkeit) und
- die Einigkeit über die Folgen eines möglichen Scheiterns der Verhandlungen.
Der Inhalt dieses LOI kann sehr vielfältig sein und mehr oder weniger Details und Regelungen (u. a. aufschiebende Bedingungen für den Erwerb, Garantieumfang, Zeitplan, Vertraulichkeitsklausel, Exklusivitätsvereinbarung) enthalten. Je nachdem, wie er formuliert ist, ist der LOI (teilweise) rechtlich verbindlich für die Parteien (so z. B. häufig die Verpflichtung zur Vertraulichkeit oder Exklusivität). Im Übrigen ist er in der Praxis wie in Deutschland aber größtenteils unverbindlich verfasst. Der Verkäufer kann den potentiellen Käufer jedoch bei bösgläubigen Verhandlungen oder abruptem Abbruch der Verhandlungen ggf. auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
Wie in Deutschland ist die Due Diligence vor allem wichtig, um das Unternehmen zu bewerten, die Risiken des Erwerbs einzuschätzen, den Umfang der erforderlichen Verkäufergarantien zu definieren und den Käufer in seiner Kaufabsicht zu stärken oder nicht. Sie bestehen aus verschiedenen Analysen der Gesellschaft, üblicherweise unterteilt in Legal, Finances und Tax. In Frankreich sind besonders die Arbeitsrechts- und Steuerrechtsanalysen wichtig, da in diesen Bereichen die meisten kostenreichen Risiken liegen.
3. Abschluss und Fertigstellung des Kaufs
Auf Grundlage der Due Diligence-Ergebnisse können die Parteien über den Preis und die Bedingungen des Deals genauer verhandeln. Kommt es nach den verschiedenen Verhandlungen zu einer Einigung, unterzeichnen ("Signing") die Parteien abschließend einen Kaufvertrag (Protocole de cession), dessen Inkrafttreten sofort oder unter aufschiebenden Bedingungen erfolgen kann ("Closing").
II. Asset Deal und Share Deal: Die Besonderheiten im Vergleich zum deutschen Recht
1. Der „Fonds de Commerce“ als eine Besonderheit des französischen Rechts
Während ein „Share Deal“ in dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen besteht, besteht ein „Asset Deal“ in Frankreich in der Regel in dem Verkauf eines Geschäftsbetriebs („Fonds de Commerce“). Der Verkauf eines solchen fonds de commerce bringt einige Besonderheiten mit sich, so dass es wichtig ist, zu identifizieren, ob ein solcher vorliegt.
So kann der „Fonds de Commerce“ verschiedene Bestandteile enthalten:
- Immaterielle Bestandteile: Kundenstamm (wesentlicher Bestandteil, denn der „Fonds de Commerce“ existiert ohne diesen nicht), Geschäftsnamen, Rechte an geistigem Eigentum, Recht auf Verlängerung des gewerblichen Mietvertrags („droit au bail“), usw.
- Materielle Bestandteile: u. a. Vorräte, Werkzeuge, Möbel und Materialien aber keine Immobilien.
Beim Kauf eines „Fonds de Commerce“ müssen verschiedene relativ strenge Formalitäten und Fristen, die das deutsche Recht nicht kennt, beachtet werden, insbesondere die steuerliche Registrierung des Kaufvertrags gegen Zahlung einer gestaffelten Registergebühr, Bekanntmachungen zum Schutz der Gläubiger, Eintragung beim Handelsregister, Information der Gemeinde bzgl. ihres ggf. bestehenden Vorkaufsrechts (falls anwendbar), vorherige Information des Betriebsrats (wenn vorhanden) und der einzelnen Angestellten. Aus diesen Gründen erfordert ein „asset deal“ eine relativ lange Vorlaufzeit und eine gute Vorbereitung im Vorfeld, um einerseits die übertragenen Assets klar zu definieren und andererseits deren Übertragung formell richtig umzusetzen.
Die Einhaltung dieser Veröffentlichungspflichten ist von großer Bedeutung, da sich ein Käufer, der den Verkäufer bezahlt, ohne die vorgeschriebenen Veröffentlichungen vorgenommen zu haben, dem Risiko aussetzt, die Forderungen der Gläubiger des zahlungsunfähigen Verkäufers - wenn auch gedeckelt - begleichen zu müssen.
Die erste Besonderheit zum deutschen Recht besteht in Frankreich darin, dass der Erwerb von Gesellschaftsanteilen nicht notariell beurkundet werden muss und somit privatschriftlich abgeschlossen werden kann. Es sind hier jedoch ebenfalls besondere Formalitäten zu beachten.
Je nach Größe müssen im Falle einer geplanten Übertragung von mehr als 50 % der Anteile der Zielgesellschaft die Rechte auf vorherige Information des Betriebsrats und der einzelnen Angestellten der Zielgesellschaft über den geplanten Verkauf berücksichtigt werden, was wie beim „asset deal“ eine Vorbereitung des „share deals“ mit einem ausreichenden zeitlichen Vorlauf erfordert.
Nach dem „closing“ sind im Übrigen zusätzliche Formalitäten erforderlich, um die Eigentumsübertragung gegenüber Dritten und der Zielgesellschaft sicherzustellen. Dabei unterscheidet man im Falle einer Kapitalgesellschaft zwischen einer „SAS“ (vereinfachter Aktiengesellschaft) oder „SA“ (Aktiengesellschaft) und einer „SARL“ (GmbH französischen Rechts).
Es ist ferner wie in Deutschland üblich, eine zeitlich begrenzte Garantievereinbarung über Aktiva und/oder Passiva im Abtretungsvertrag abzuschließen, aufgrund derer der Verkäufer die Richtigkeit bestimmter Angaben bezüglich der Zielgesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt garantiert. Dabei sollten die in Frankreich besonders prägenden finanziellen Risiken in bestimmten Bereichen berücksichtigt werden.
Im Falle eines „share deals“ fällt letztlich ebenfalls eine Registergebühr („Droits d’enregistrement“) an, die je Gesellschaftsform und Zusammensetzung der Aktiva der Zielgesellschaft zwischen 0,1 und 5% des Kaufpreises liegt. Eine steuerliche Optimierung kommt daher ggf. in Betracht und sollte früh genug in Erwägung gezogen werden.
Die VILLAFRANCE Gruppe ist das führende private deutsch-französische Wirtschaftszentrum. Ihre verschiedenen Tochtergesellschaften, Eigenmarken und Partnerfirmen beraten und begleiten seit über 20 Jahren Unternehmen und öffentliche Institutionen auf dem deutschen und dem französischen Markt im Bereich Vertrieb, Recht, Steuer und Personal.
VILLAFRANCE
Cologne - Paris - Munich - Lyon